Krank und Urlaub? Wer dauerhaft krank ist und sich im ruhenden Arbeitsverhältnis befindet, hat trotz nicht erbrachter Arbeitsleistung Anspruch auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch und gegebenenfalls einen Zusatzurlaub für Schwerbehinderte. Allerdings verfallen diese Ansprüche wie bei jedem anderen Werktätigen 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Az. 9 AZR 623/10).
Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (www.anwaltshotline.de) berichtet, war ein Müllmann neun Jahre lang durchgehend krankgeschrieben und erhielt mehrfach eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, die schließlich in eine Dauerrente umgewandelt wurde. Woraufhin ihn sein Betrieb kündigte, bei dem das Arbeitsverhältnis bis dahin wegen der Krankheit all die Jahre nur geruht hatte.
Frist von 15 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres
Der Mann verlangte nun für seine in dieser Auszeit angefallenen Urlaubansprüche einen finanziellen Ausgleich in Höhe von 27.943,47 Euro brutto nebst Zinsen – und zwar für 278 Tage Erholungsurlaub und zusätzlich 45 Tage Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen. Der Arbeitgeber lehnte die Zahlung aber ab.
Dem widersprachen Deutschlands oberste Arbeitsrichter. Zwar vermindere sich laut Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat der Arbeitsruhe um ein Zwölftel. “Doch diese Vorschrift ist offensichtlich nicht auf die Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern und schwerbehinderten Menschen anwendbar, die aus gesundheitlichen Gründen das ganze Jahr über gar keine Arbeitsleistung erbringen konnten und somit diskriminiert und automatisch immer leer ausgehen würden”, erklärt Rechtsanwältin Dr. Sonja Tiedtke.
Ein Urlaubsanspruch ist prinzipiell nicht für die Zeit des – krankheitsbedingten – Ruhens des Arbeitsverhältnisses zu kürzen. Allerdings gilt das nur 15 Monate rückläufig für das letzte Urlaubsjahr vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Jeder weiter zurückliegende Anspruch ist auch hier verfallen. Insofern sprachen die Richter dem Mann nicht die volle Ausgleichzahlung, sondern “nur” 4.645,44 Euro zu.