Eigenbedarf: So kann ein Mieter sich wehren

Für Mieter ist ein Schock, wenn der Vermieter für sich oder Angehörige Eigenbedarf anmeldet und deshalb den Mietvertrag für die Wohnung oder das Haus kündigt. Der Mieter hat aber einige Möglichkeiten, sich zu wehren.

Der Eigenbedarf für Angehörige

Für Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern, Schwiegerkinder und –eltern oder Pflegekinder und –eltern konnte schon immer Eigenbedarf geltend gemacht werden. Nach Paragraf 537 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) besteht Eigenbedarf, wenn “der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt“. Entfernte Verwandte wie ein Schwager oder eine Nichte wurden früher nur in Ausnahmen berücksichtigt – wenn etwa der Vermieter zu Unterhalt oder Fürsorge verpflichtet war (Landgericht Frankfurt, Az: 2/17 S 196/01). Zumindest Nichten hat der BGH nun Kindern gleichgestellt – ich wage mal die Prognose, dass bei Schwagern der BGH ebenso entscheiden würde.

Ob Vermieter-Kind oder Nichte: Der Mieter hat einige Möglichkeiten, sich noch gegen eine Eigenbedarfskündigung zu wehren. Einige Beispiele.

Ersatzwohnraum muss angeboten werden

Hat der Vermieter im selben Haus oder in derselben Wohnanlage eine leerstehende Wohnung, muss er sie dem Mieter anbieten. Tut der Vermieter das nicht, so ist die Kündigung wegen Rechtsmissbrauch unwirksam (Bundesgerichtshof, AZ: VIII ZR 276/02). Zudem muss gut begründen können, warum er ausgerechnet die gekündigte Mieterwohnung benötigt und sich nicht mit der leerstehenden zufrieden gibt (Bundesverfassungsgericht, Az: 1 BvR 416/90).

Überhöhter Eigenbedarf

Der Anspruch des Vermieters muss angemessen sein. Wenn etwa für gerade volljährige Tochter eine mehr als 100 Quadratmeter große Wohnung herausgegeben werden soll, so sprechen Richter vom überhöhten Wohnbedarf und die Eigenbedarf-Kündigung scheitert (Landgericht Bremen, Az. 2 S 324/91).

Absehbarer Eigenbedarf

Wenn der Vermieter schon bei Abschluss des Mietvertrages wusste, dass der er bald die Wohnung für seine Wohnung benötigt, soll er das sagen. Tut er das nicht verhält er sich treuwidrig und die spätere Eigenbedarfskündigung ist aus diesem Grund unzulässig (Bundesverfassungsgericht, Az: BvR 308, 336, 356/88).

Sozialklausel

Selbst bei einer einwandfreien Eigenbedarf-Kündigung kann der Mieter aber den Auszug noch abwenden – wenn er sich erfolgreich auf die Sozialklausel beruft (Paragraf 574 BGB). Einer ordentlichen Kündigung kann der Mieter demnach widersprechen, wenn die Kündigung für ihn oder für Angehörige eine Härte bedeutet. Typische Fälle sind beispielsweise ein hohes Alter des Mieters, eine lange Dauer des Mietverhältnisses, schwere Erkrankung, Behinderung oder Schwangerschaft.

Widerspruch

Will sich der Mieter darauf berufen, so muss er grundsätzlich spätestens zwei Monate vor Ablauf des Mietverhältnisses der Kündigung widersprechen – und zwar schriftlich (Paragraf 574b BGB). Aber: Hat der Vermieter „nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs sowie auf dessen Form und Frist hingewiesen, so kann der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären“, heißt es im Gesetz.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Grundsatzurteil Eigenbedarfs-Kündigungen für Nichten des Vermieters erleichtert: Kinder von Geschwistern seien noch als Familienangehörige im Sinne des Gesetzes anzusehen. Es komme nicht darauf an, ob zwischen ihnen und dem Vermieter eine besondere Beziehung oder Bindung bestehe (AZ: VIII ZR 159/09 – Urteil vom 27. Januar 2010).

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