Privatrente gekürzt: So entscheiden die Gerichte

Auch bei Privatrenten drohen Rentenkürzungen. Denn bei der “Rente, die nie ausgeht” (Allianz-Werbeslogan) kostet jedes zusätzliche Jahr Lebenserwartung viel Geld – es muss schließlich ein Jahr länger Rente an die Kunden gezahlt werden.Schon zwei Mal in jüngster Zeit wurden die Lebensversicherer von zu kurzsichtigen Kalkulationen eingeholt. So fühlten sich bereits Mitte der 90er Jahre zahlreiche Kunden düpiert. Obwohl die Lebensversicherer wussten, dass wegen gestiegener Lebenserwartung die Privatrenten geringer ausfallen würden, bekamen Kunden noch alte Tarife verkauft.

Kurze Zeit nach Vertragsschluss wurde dann teilweise drastisch gekürzt. Einige Kunden erstritten daraufhin Schadenersatz (u.a. OLG Düsseldorf, Az 4 U 139/ 99). In einem Fall wurde ein Lebensversicherer sogar verurteilt, die prognostizierte Rente tatsächlich zu zahlen (OLG Koblenz Az 10 U 1342/99).

Jüngst mussten die Gesellschaften schon wieder ihre so genannte Sterbetafeln austauschen. So nennt sich das Statistikmaterial, mit der die voraussichtliche Dauer der Rentenzahlung berechnet wird. “Ein 65jähriger hatte zum Beispiel vor zehn Jahren eine Rest-Lebenserwartung von 21 Jahren”, schrieb dazu “Positionen”, das Verbandsorgan der Versicherungswirtschaft. “Nach den neuen Berechnungen ist die Prognose auf 24 Jahre geklettert.”

Bei bestehenden Verträgen mussten Kunden dadurch eine weitere erhebliche Rentenkürzung hinnehmen. “Nur die garantierte Rente ist wirklich verlässlich”, erläutert der Versicherungsmathematiker und Sachverständige Peter A. Schramm, “der Überschussanteil der Rente kann bis auf Null gekürzt werden.” Wahrlich ein ungünstiger Zeitpunkt: In den vergangenen Jahren sanken die laufenden Privatrenten bereits wegen der schlechten Kapitalerträge, nun folgt noch eine

Rotstiftrunde wegen der neuen Sterbetafeln.

Nachkalkulationen könnten in der Zukunft öfter notwendig werden, glaubt Experte Schramm. “Bei der Rentenversicherung sind die Gesellschaften viel länger gebunden als bei der Kapitallebensversicherung – nämlich während der Ansparphase und der Rentenzeit. Das können durchschnittlich 40 bis 50 Jahre sein. Deshalb wirkt die weiter steigende Lebenserwartung so massiv auf die Rechnungsgrundlagen.“ Gut dran sind die Lebensversicherer, die bei ihren Kunden mit Privatrenten überhaupt noch kürzen können. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn manche Lebensversicherer haben bereits ihre Leistungen auf den garantierten Wert gesenkt.

Zu allem anderen könnte auch noch mehr Verbraucheraufklärung die Zahlen durcheinander wirbeln. Schon in der Vergangenheit war es so, dass die Lebenserwartung der Privatrenten-Kunden höher war als die der durchschnittlichen Bevölkerung. Der Grund: Überwiegend haben jene Leute eine Privatrente abgeschlossen, die sich gesünder fühlten und auch gesünder waren – also länger lebten. Setzen sich Empfehlungen wie die des gerichtlich zugelassene Versicherungsberater Andreas Kutschera durch, könnte sich die für Lebensversicherer „negative Selektion“ verstärken: „Bevor man eine größere Summe investiert, sollte realistisch geklärt werden, wie die persönliche Lebenserwartung einzuschätzen ist. Ich rate Privatrenten-Interessenten daher generell zu einem Gesundheitscheck beim Arzt.”

Denn ein gutes Geschäft für den Kunden wird die „Wette auf eine langes Leben“ nur, wenn er einige Zeit lebt. Ein Beispiel: Ein 65jähriger Mann leistet eine Einmalzahlung von 200.000 Euro und erhält eine sofort beginnende Monatsrente von etwa 1000 Euro. Um seinen “Wett-Einsatz” heraus zu bekommen, müsste der Kunde dann noch mindestens 200 Monate oder 16,7 Jahre leben. Würde der Kaufkraftverlust durch Inflation berücksichtigt, ergäbe sich ein noch längerer Zeitraum.

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