Mietrecht: Was jetzt fürs Rauchen auf dem Balkon gilt

Ob in der Bahn oder in der Bar: Im öffentlichen Leben sind Raucher kaum noch erwünscht. Nun drohen sogar Einschränkungen auf den eigenen Balkonen und Terrassen, wie ein aktuelles Urteil zeigt. Es dürfte erst der Anfang sein einer Klagewelle wegen Rauchbelästigung.

Ein Ehepaar aus Dortmund darf nur noch zu alle drei Stunden auf der eigenen Terrasse rauchen, die restliche Zeit ist es verboten. Die Nachbarn hatten geklagt, weil ihnen der Rauch direkt in die Wohnungen ziehe und sie nachts nicht mehr bei offenem Fenster schlafen könnten. Das Landgericht Dortmund hat in seinem Urteil nun einen „Raucher-Stundenplan“ aufgestellt, der rund um die Uhr gilt (Az:1 S 451/15, nicht rechtskräftig). “Jeder hat das Recht, rauchfrei zu wohnen”, sagte der Richter dazu.

Lange Zeit hatten die Gerichte die Meinung vertreten, der Balkon gehöre mit zur gemieteten Wohnung, daher sei auch hier das Rauchen erlaubt. So entschieden vor Jahren z.B. die Amtsgerichte Bonn (Az: 6 C 510/98) und Wennigsen (Az: 9 C 156/01). Nachbarn, die durch aufsteigenden Rauch belästigt werden, hätten in der Regel keinen Unterlassungsanspruch. Das gelte auch, wenn Mieter am offenen Fenster rauchen und der Rauch in die darüber liegende Wohnung zieht, meint das Amtsgericht Hamburg (Az: 102 e II 368/00).

Grundsatzurteil 2015: Rauch ist eine schädliche Immission

Der Bundesgerichtshof leitete aber 2015 einen Richtungswechsel ein und entschied: Zigarettenrauch von einem Nachbarbalkon sei eine schädliche Immission wie Lärm, Gerüche und Ruß (Az: V ZR 110/14). Sollte der Zigarettenrauch die Bagatellschwelle überschreiten, müssten die Interessen (Raucher/ Nichtraucher) abgewogen werden. Dabei, so der BGH, kommt es nicht auf den Kläger, sondern auf das „Empfinden eines verständigen durchschnittlichen Menschen“ an.

Es biete sich an, das Balkon-Rauchen nur zu bestimmten Zeiten zu erlauben. Wie so ein Stundenplan konkret aussehen könne, müsse ein Richter je nach Einzelfall entscheiden. Genau das hat nun das Landgericht Dortmund getan und eine 3-Stunden-Regel eingeführt. Bei Verstößen drohen bis zu 250.000 Euro Strafe.

Wie die Düsseldorfer Rechtsanwältin Katia Genkin erwarten zahlreiche Juristin, dass Balkon-Rauch noch massiv die Gerichte beschäftigen werden. “Der Bundesgerichtshof hat die Position der genervten Nicht-Raucher erheblich verbessert. Wenn sich das nun mehr rumspricht, wird daraus schnell eine Klagewelle.”

Rauchverbot im Mietvertrag zulässig?

Nur innerhalb seiner Wohnung kann sicher der Raucher bislang noch sicher fühlen – solange die Rauch und Gerüche nicht via Fenster oder Türen nach außen dringen. Allerdings gibt es bereits Vermieter, die ein Rauchverbot vertraglich vereinbaren wollen. „Generell besteht in Deutschland eine Vertragsfreiheit“, sagt Rechtsanwältin Genkin. „Es kann also alles vereinbart werden, was nicht gegen Gesetz oder gute Sitten verstößt.“ Die Gerichte sind sich bislang jedoch bei Rauchverboten in Mietverträgen uneins. Das Amtsgericht Albstadt hielt z.B. ein Rauchverbot per Mietvertrag für unwirksam (Az: 1 C 288/92), das Amtsgericht Nordhorn sah es als bindend an (Az: 3 C 1440/00). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu noch nicht entschieden.

Leichter durchsetzbar sein als eine Kündigung wegen Rauchens könnten nach Ansicht von Juristen Vertragsstrafen sein oder der Wegfall eines Miet-Rabattes fürs Nichtrauchen. Ähnlich handhaben das Versicherungen: So gibt es bei Lebenspolicen teilweise Rabatt für Nichtraucher oder bei Kfz-Policen Rabatt für Autofahrer, die niemanden sonst ans Steuer lassen. Fallen diese Voraussetzungen weg, besteht weiter Versicherungsschutz, der Kunde muss aber höhere Prämie zahlen.

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