Nießbrauch: Ein Steuerspar-Modell für die Immobilie, das immer noch funktioniert

Unter dem Begriff Nießbrauch können sich viele nichts vorstellen. Die Schweizer sagen „Nutznießung“ dazu, was schon eher andeutet, worum es geht: Es wird per notariellem Schenkungsvertrag ein neuer Nutznießer für bestimmt. Das kann in Deutschland bei Immobilien zu einer spürbaren Steuerersparnis führen. Es gibt zwei Arten des Nießbrauches.

Der Zuwendungsnießbrauch: Die Miete bekommt einen neue Nutznießer

Mit dieser Methode lassen sich Mieteinkünfte auf andere übertragen, etwa auf die eigenen Kinder. Der Vorteil: Kinder egal welchen Alters haben einen eigenen Grundfreibetrag beim Finanzamt. Bis zu dieser Höhe bleiben Einkünfte steuerfrei. Während Eltern als Eigentümer einer vermieteten Eigentumswohnung möglicherweise für die Mieteinkünfte den Steuerhöchstsatz zahlen müssen, ginge bei einem Kind als Nutznießer der Fiskus leer aus. Die Immobilien-Eigentümer bleiben beim Zuwendungsnießbrauch Eigentümer mit allen Rechten und Pflichten, den Ertrag haben aber andere, was im Grundbuch eingetragen wird.

Die Nachteile: Zum einen geht die Abschreibung verloren, denn der Immobilien-Eigentümer kann die Abschreibung nicht ansetzen, weil er keine Einnahmen mehr hat. Der Nutznießer wiederum hat kein Abschreibungsrecht, weil er keine Anschaffungs- und Herstellungskosten hatte. Zum anderen sollte bei einem volljährigen Kind das steuerliche Existenzminimum nicht überschritten werden, da ansonsten der Kindergeldanspruch verloren geht. Und: Die kostenlose Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung entfällt, wenn das Kind zu hohe Einnahmen erzielt. Das Kind müsste in diesem Fall privat oder freiwillig gesetzlich krankenversichert werden.

Der Zuwendungsnießbrauch unterliegt darüber hinaus als Schenkung der Steuer, und zwar generell mit dem so genannten Kapitalwert des Nießbrauchs. Das ist der hochgerechnete Finanzvorteil des Nutznießers. Dafür können alle 10 Jahre bei Schenkung Freibeträge in Anspruch genommen werden, zum Beispiel 400.000 Euro bei einer Schenkung von Eltern zu Kindern. Je früher der Nießbrauch geschenkt wird, desto höher fällt aber wegen der längeren Nießbrauchzeit der steuerpflichtige Kapitalwert aus.

Der Vorbehaltsnießbrauch: Die Immobilie selbst bekommt einen neuen Eigentümer

Bei dieser Methode wird der Nutznießer neuer Eigentümer z.B. der Wohnung oder des Hauses, die Erträge indes bleiben beim alten Eigentümer. Eltern können so nach und nach Vermögen auf die Kinder übertragen und die alle 10 Jahre möglichen Freibeträge für Schenkungen ausschöpfen. Damit lässt sich verhindern, dass im Erbfall die Kinder möglicherweise Erbschaftssteuer zahlen müssen, weil die Freibeträge überschritten wurden.

Überschreiben Eltern auf diese Weise dem Kind ein Mietshaus, sind sie zwar das Eigentum los, können aber über die Erträge weiterhin frei verfügen und Werbungskosten sowie Abschreibungsabzug geltend machen. Seit der Erbschaftssteuerreform 2009 ist der Vorbehaltsnießbrauch deutlich reizvoller geworden, denn der Wert des Nießbrauches kann nun vom Immobilienwert abgezogen werden. Wird das Haus mit einem Nießbrauch belastet übertragen, sinkt der steuerpflichtige Wert und bleibt möglicherweise innerhalb der Freibeträge für Schenkungen.

Die Belastung durch den Nießbrauch ergibt sich aus den tatsächlichen oder fiktiven Mieteinkünften und dem „Vervielfältiger”, das ist ein vom Alter des Schenkers abhängiger Faktor. Je jünger der Schenker ist, desto größer ist wegen der größeren Lebenserwartung der Vervielfältiger. Der Grund liegt auf der Hand, wie das Beispiel zeigt: Bei einem 50-jährigen Vater, muss das Kind als Nutznießer vermutlich viel länger auf Mieteinkünfte verzichten als bei einem 70-jährigen Vater. Je früher eine Immobilie übertragen wird, umso geringer ist also der „steuerpflichtige Erwerb“ für die Kinder.

Ein Beispiel, wie der Wert des Nießbrauches berechnet wird:

Der Vater ist 70 Jahre alt und hat eine Wohnung im Wert von 500.000 Euro, die für 1.500 Euro kalt/ Monat vermietet wird. Würde  die Wohnung ohne Nießbrauchvorbehalt an den Sohn übergeben, müsste dieser einen steuerlichen Erwerb in Höhe von 100.000 Euro mit elf Prozent versteuern, den der Freibetrag beträgt nur 400.000 Euro. Die Alternative: Bei der Schenkung an den Sohn behält der Vater sich den Nießbrauch auf Lebenszeit vor. Der Kapitalwert des Nießbrauchs beträgt dann rund 176.000 Euro, so dass die Schenkung innerhalb des Freibetrages bleibt, keine Steuer fällig wird.

Wer zahlt die Grundsteuer, wer die Wohngebäudeversicherung?

Sofern es nicht anders vereinbart wurde, muss der Nießbrauchnehmer als “wirtschaftlicher Eigentümer” die gewöhnlichen Kosten tragen, worunter die Grundsteuer, die Gebäudeversicherung als auch die üblichen Verbrauchskosten wie Kosten für Müllentsorgung oder Kanalgebühren fallen. Außergewöhnliche Kosten trägt hingegen der “juristische Eigentümer”, etwa für die Dach-Instandsetzung oder Erneuerung der Heizungsanlage.

Was unterscheidet Nießbrauchsrecht von Wohnrecht?

Das Wohnrecht räumt einer Person das Recht ein, eine Immobilie oder einen Teil davon zu bewohnen, meist auf Lebenszeit. Dieses Wohnrecht wird im Grundbuch eingetragen und ist wie eine Hypothek eine Belastung, es mindert den Wert der Immobilie. Es aber nicht beim Nießbrauch sonstige Rechte übertragen.

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3 Gedanken zu „Nießbrauch: Ein Steuerspar-Modell für die Immobilie, das immer noch funktioniert

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  2. finn Antworten

    Mein Bruder hat sein Haus meinem Sohn überschrieben, genauer geschenkt. Sich den Nießbrauch auf Lebenszeit vorzubehalten wäre wohl die richtigste Entscheidung von ihm. Er muss sich seinen Alltag im Alter garantieren, genauso wie ich. Wer weiß, was für Probleme uns noch erwarten. Aber die eigenen Wände im Alter leisten doch Geborgenheit und Sicherheit.

  3. Georg Fichtner Antworten

    Hallo, ich habe eine kleine Eigentumswohnung im Wert von ca 100 000 € und möchte diese an meine Tochter überschreiben. Ich werde mir das Wohnrecht auf Lebzeit nehmen. Im Vertragstext des Notar steht auch der Nießbrauch für mich drinn. Ich übernehme alle Kosten einschließlich des Wohngeldes inclusiv der Rücklagen durch die Hausverwaltung ebenfalls auf Lebzeiten.
    Haben meine Tochter und ich irgendwelche Nachteile vom Finanzamt zu befürchten? Ich bin Rentner und 73 Jahre alt.

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