+Am 13. Oktober tritt ein neues Gesetz in Kraft, das Verbraucher kennen sollten: Die Einführung einer neuartigen Klageform – die Abhilfeklage – stärkt die Verbraucherrechte und soll die Justiz entlasten.
Die Abhilfeklage erlaubt Verbraucherverbänden, gleichartige Leistungsansprüche von gegen ein Unternehmen unmittelbar gerichtlich einzuklagen, so das Bundesfinanzministerium. Das neue Instrument kann beispielsweise bei Entschädigungsansprüchen wegen der Annullierung desselben Fluges oder bei Zinsnachzahlungsansprüchen wegen einer massenhaft verwendeten unwirksamen Vertragsklausel eines Geldinstituts zur Anwendung kommen.
Das Kernstück des Gesetzes ist das neue Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG). Es bündelt die bisher in der Zivilprozessordnung (ZPO) enthaltenen Regelungen über die Musterfeststellungsklage und entwickelt sie fort. Das Gesetz, eine Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie, ist im Bundesgesetzblatt verkündet worden und wird am 13. Oktober 2023 in Kraft treten.
Nur “besonders qualifizierte Einrichtungen” zur Abhilfeklage berechtigt
Um Klagen unseriöser Verbände zu verhindern, sind nur “besonders qualifizierte Einrichtungen” zur Klage berechtigt, auch aus anderen Mitgliedstaaten der EU. Dabei müssen die Verbände Ansprüche von mindestens 50 potentiell Betroffenen vertreten. Verbraucherinnen und Verbraucher können ihre Ansprüche, auf die sich die jeweilige Abhilfeklage bezieht, in einem Verbandsklageregister anmelden. Sie müssen also nicht selbst klagen und profitieren unmittelbar von dem Verfahren: Ihnen zustehende Beträge werden im Erfolgsfall von einem Sachwalter direkt an sie ausgezahlt.
Auch kleine Unternehmen können Ansprüche per Abhilfeklage gelten machen
Kleine Unternehmen werden im Gesetz Verbraucherinnen und Verbrauchern gleichgestellt, d. h. auch sie profitieren von der Abhilfeklage. Das Gesetz sieht darüber hinaus folgende Regelungen vor:
- Die Bestimmungen der Verbandsklagenrichtlinie, die auf Unterlassungsentscheidungen gerichtet sind, sind im Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umgesetzt.
- Das Gesetz enthält zudem Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch. Einstweilige Verfügungen und Klagen von qualifizierten Verbraucherverbänden und qualifizierten Einrichtungen, mit denen Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG oder nach dem UWG durchgesetzt werden, haben nun verjährungshemmende Wirkung für Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern.
- Flankierend zur Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie enthält das Gesetz Regelungen, mit denen die Durchsetzung des Gewinnabschöpfungsanspruchs nach § 10 UWG erleichtert wird.
- Außerdem enthält das Gesetz eine Regelung zur Entlastung von mit Massenverfahren befassten Gerichten. Die in § 148 ZPO vorgesehenen Aussetzungsmöglichkeiten werden erweitert, um zeitraubende parallele Sachverständigenbegutachtungen zu identischen Fragestellungen zu vermeiden und die Verfahren dadurch effizienter führen zu können.
In dem Gesetz wurden kurz vor Verkündung noch Änderungen vorgenommen:
- Anmeldung noch bis zu drei Wochen nach dem ersten Termin möglich (spätes „Opt-in“)
- Anforderungen an die Gleichartigkeit der Verbraucheransprüche wurden gelockert.
- Erforderliche Verbraucheranzahl muss nur noch nachvollziehbar dargelegt werden
- Regeln zur Prozessfinanzierung wurden verschärft
- Entscheidung des Sachverwalters künftig im Widerspruchsverfahren nachprüfbar
Zusammenfassung Abhilfeklage
Das VRUG führt zu einer Neuregelung des deutschen Kollektivrechtsschutzes. Die Abhilfeklage ermöglicht es qualifizierten Verbraucherverbänden, zugunsten von Verbraucherinnen und Verbrauchern und diesen gleichgestellten kleinen Unternehmen Klage gegenüber Unternehmen auf direkte Abhilfe/Leistung (bspw. Schadensersatz) zu erheben.