Haben Sie gerade Post von der Nürnberger Lebensversicherung bekommen, mit einer nachträglichen Widerspruchsbelehrung für eine alte Lebensversicherung oder Rentenversicherung? Dann müssen Sie aufpassen: “Wer das Schreiben einfach abheftet, weil er in der Vorweihnachtszeit andere Dinge im Kopf hat, verliert möglicherweise Tausende Euro”, sagt die Düsseldorfer Rechtsanwältin Katia Genkin über die unerwartete Widerspruchsbelehrung der Nürnberger, die so ähnlich auch von anderen Lebensversicherungen versendet wird.
Was steckt dahinter? Viele Lebensversicherungen haben ihre Kunden jahrelang bei Vertragsabschluss falsch über das Widerspruchsrecht belehrt. Als Folge beginnt die sonst übliche Frist von 14 Tagen nicht zu laufen. Der Kunde einer Lebensversicherung kann dem Vertrag dann auch Jahre später noch widersprechen. Es sei denn, die Lebensversicherung belehrt ihre Kunden nachträglich. Genau das macht derzeit beispielsweise die Nürnberger. Diese prüft nach eigener Aussage “momentan Verträge, die in der Zeit vom 29.07.1994 bis zum 31.12.2007 geschlossen wurden.” Rechtsanwälten liegen bereits mehrere Nachbelehrungen der Nürnberger Versicherungsgruppe vor.
Rechtsanwalt Ralf Koch rät: “Wer den Vertrag nicht mehr möchte, sollte sofort handeln und schriftlich widersprechen.” Denn ab Zugang einer korrekten Nachbelehrung gilt nur noch die übliche Frist von 14 Tagen für den Widerspruch. Um diese Frist einzuhalten, muss der Kunde den Widerspruch nachweislich rechtzeitig absenden. Der Widerspruch lohne sich: “Es gibt keine bessere Möglichkeit, eine unrentable Sparpolice vorzeitig zu beenden”, sagt Rechtsanwalt Koch. Das gilt für die kapitalbildende Lebensversicherung, die fondsgebundene Lebensversicherung und die private Rentenversicherung.
Mehr Geld mit Widerspruch als bei Kündigung oder Beitragsfreistellung einer Lebensversicherung
“Viele Kunden von Lebensversicherungen sind derzeit enttäuscht, weil die Überschüsse deutlich gesunken sind”, so Rechtsanwältin Genkin. Bei einer üblichen Kündigung kassiert die Versicherung allerdings hohe Stornoabschläge. Die gleichen Abschläge werden auch bei der Beitragsfreistellung fällig. Der Kunde bekommt so regelmäßig nur den so genannten Rückkaufswert. “Das ist oft genug nicht einmal die Summe aller eingezahlten Beiträge”, so Rechtsanwalt Ralf Koch.
Nach einem Widerspruch wird die Lebensversicherung indes rückabgewickelt. Die Versicherung darf beim einem solchen Vertragswiderspruch nur in kleinem Umfang Abzüge geltend machen. Das sind im Wesentlichen Beitragsanteile, die für das Sterbefallrisiko kalkuliert wurden (etwa 10 Prozent). In kleinem Umfang können das auch Steuern auf Gewinne sein. Aber die muss die Versicherung genau nachweisen. Bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung kommt eventuell ein Verlust des Fonds hinzu. Offenbar wissen viele Verbraucher aber gar nicht, dass sie ihre Lebensversicherung (oder private Rentenversicherung) mit einem Widerspruch ohne Verluste beenden können.
Lebensversicherung zahlt Beiträge zurück plus “Nutzenentschädigung”
Denn die Kunden können nicht nur Beiträge/ Prämien zurückverlangen. In vielen Fällen können sie auch eine Nutzenentschädigung geltend machen. “Das ist das Sahnehäubchen des Widerspruchs. In aller Regel holen wir für Versicherungskunden bei einem Widerspruch erheblich mehr raus als nur den Rückkaufswert. Mit Nutzenentschädigung ist das mitunter mehr als das Doppelte der eingezahlten Beiträge”, sagt Rechtsanwalt Ralf Koch von der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte. Von ähnlichen Erfahrungen berichtet auch Rechtsanwältin Katia Genkin. Was also konkret tun?
Wenn die Lebensversicherung plötzlich eine nachträgliche Widerspruchsbelehrung schickt und wie die Nürnberger erklärt, eigentlich sei schon die alte Widerspruchsbelehrung okay gewesen, ist ein Widerspruch innerhalb von 14 Tagen notwendig, wenn man die Lebensversicherung loswerden will, so Rechtsanwälte. Dass die Lebensversicherung dann bereitwillig das ganze Geld zurückzahlt, ist unwahrscheinlich. Aber mit der Hilfe eines Anwaltes und möglichst mit einer Rechtsschutzversicherung sind gute Chancen vorhanden, von der Lebensversicherung entschädigt zu werden.