Das Bundeskabinett hat am 29. Oktober 2025 einen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Vaterschaftsanfechtung durch leibliche Väter beschlossen. Dieser Entwurf, vorgelegt vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, zielt darauf ab, ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen und die Grundrechte aller Beteiligten angemessen zu berücksichtigen. Ein zentrales Anliegen ist es, das Lebensalter des Kindes stärker in den Fokus der Entscheidungen der Familiengerichte zu rücken.
Anpassung an Verfassungsgerichtsurteil
Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Dr. Stefanie Hubig erklärte dazu: “Die gesetzlichen Regelungen zur Vaterschaftsanfechtung müssen angepasst werden. In manchen Fällen verletzten sie Grundrechte des leiblichen Vaters. So hat es das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr entschieden.” Sie betonte, dass der Gesetzentwurf diesen Verfassungsverstoß beheben und eine ausgewogene Lösung schaffen solle, bei der die Interessen aller Betroffenen Berücksichtigung finden und das Kindeswohl im Zentrum stehe. Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherigen Regelungen als teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz eingestuft, da sie das Elterngrundrecht des leiblichen Vaters verletzten. Der Gesetzgeber hat bis zum 31. März 2026 Zeit für eine Neuregelung.
Neue Regelungen zur Vaterschaftsanfechtung
Der Gesetzentwurf sieht mehrere Änderungen vor. Eine “Anerkennungssperre” soll einen “Wettlauf um die Vaterschaft” verhindern, indem ein Mann die Vaterschaft nicht wirksam anerkennen kann, solange ein Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft eines anderen Mannes läuft. Für die Anfechtung durch den leiblichen Vater bei minderjährigen Kindern soll künftig entscheidend sein, ob eine sozial-familiäre Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater besteht. Besteht keine solche Beziehung, soll die Anfechtung erfolgreich sein, wobei eine widerlegliche Vermutung greifen soll, dass bei einer rechtlichen Vaterschaft von weniger als einem Jahr in der Regel noch keine sozial-familiäre Beziehung besteht.
Kindeswohl und “Zweite Chance” für leibliche Väter
Besteht eine sozial-familiäre Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater, soll die Anfechtung des leiblichen Vaters unter bestimmten Voraussetzungen dennoch erfolgreich sein können, etwa wenn eine sozial-familiäre Beziehung zwischen Kind und leiblichem Vater besteht oder bestand, der leibliche Vater sich ernsthaft darum bemüht hat oder der Ausschluss der Anfechtung grob unbillig wäre. Das Familiengericht kann jedoch im Einzelfall eine Anfechtung ablehnen, wenn der Fortbestand der rechtlichen Vaterschaft für das Kindeswohl erforderlich ist. Bei volljährigen Kindern soll die Anfechtung erfolgreich sein, wenn das Kind nicht widerspricht. Zudem soll leiblichen Vätern eine “zweite Chance” eingeräumt werden, indem sie die Wiederaufnahme eines Anfechtungsverfahrens beantragen können, wenn sich die Umstände ändern und zwei Jahre seit dem abweisenden Beschluss vergangen sind.
Vereinfachte Anerkennung der Vaterschaft
Eine weitere Neuerung ermöglicht es einem leiblichen Vater, rechtlicher Vater seines Kindes zu werden, wenn er die Vaterschaft anerkennt und neben der Mutter und dem Kind auch der bisherige rechtliche Vater der Anerkennung zustimmt. Diese Regelung soll unnötige Formalismen vermeiden, die bisher eine Anfechtung in solchen Konstellationen erforderlich gemacht hätten. Dr. Stefanie Hubig betonte: “Mein Ziel ist es, dass wir in dieser Legislaturperiode das Abstammungsrecht insgesamt gerechter machen – und auf eine Höhe bringen mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit.”
