Dichtheitsprüfung: Der aktuelle Stand in NRW und anderswo

Mit der Dichtheitsprüfung schien alles klar zu sein: Bis 31. Dezember 2015 sollten alle privaten Zuleitungen zu den Abwassernetzen der Kommunen auf Dichtheit geprüft sein, also die Leitungen der Einfamilienhäuser, der Miethäuser und Wohnungseigentumsgemeinschaften. Doch inzwischen ist der feste Prüftermin für Dichtheitsprüfung gefallen, allerdings und nicht überall und in allen Fällen. Geblieben ist der Grundsatz, dass Hausbesitzer und Wohnungseigentümergemeinschaften für die Dichtheit ihrer Abwasserleitungen verantwortlich sind. Was das alles konkret heißt, erklärt der Verbraucherschutzverein wohnen im eigentum e.V.

Wer im Internet nach Infos zur Dichtheitsprüfung und Prüfpflicht sucht, findet viel, besonders von Unternehmen und Verbänden, die Prüfungen anbieten. Das meiste ist nicht verlässlich. Der Grund: Bei den Regelungen hat sich viel geändert, die Internetseiten wurden aber nicht aktualisiert. Ein Indikator für eine veraltete Website ist es, wenn dort auf den § 18b Wasserhaushaltsgesetz (WHG) verwiesen wird. Seit Juli 2009 gibt es ein neues WHG, in dem trägt der Paragraph die Nummer 60, es steht allerdings dasselbe drin. Wichtiger ist der häufige Hinweis, DIN 1986 Teil 30 schreibe die Prüfung für bestehende Hausanschlüsse bis 31.12.2015 vor. Das stimmte bis Anfang 2012, dann wurde diese feste Frist aus dem Regelwerk gestrichen. Es gab juristische Zweifel, ob eine solche Regelung in einer DIN getroffen werden darf.

Worum geht bei der Dichtheitsprüfung?

70 oder mehr Prozent der Hausanschlüsse an das Abwassernetz sind nach Schätzungen undicht. Die Stadt Lünen (Nordrhein-Westfalen) ist bei 4000 geprüften Leitungen auf eine Schadensquote bei der Dichtheitsprüfung von über 80 Prozent gekommen. Diese Zahlen wurden bei einer Anhörung im Landtag Nordrhein-Westfalen Anfang 2013 nicht angezweifelt, über ihre Relevanz für die Umwelt allerdings heftig gestritten.

Nach § 60 Wasserhaushaltsgesetz müssen Abwasseranlagen den Regeln der Technik entsprechen. Das gilt auch für die Zuleitungen der privaten Häuser zu den kommunalen Abwassernetzen. Hierfür sind die Eigentümer der Einfamilienhäuser, Miethäuser und die Wohnungseigentumsgemeinschaften verantwortlich. Sie haben dafür zu sorgen, dass die Leitungen dicht sind. Die Regeln der Technik für die Dichtheitsprüfung legt DIN 1986 Teil 30 fest. Ursprünglich bestimmte sie, dass die erste Prüfung bis spätestens 31. Dezember 2015 durchzuführen ist. Diese feste Terminvorgabe wurde Anfang 2012 gestrichen. Jetzt liegt es nach Bundesrecht in der Verantwortung der Eigentümer, wann und wie sie ihre Leitungen kontrollieren. Für Neubauten und nach wesentlichen Änderungen der Abwasseranlage gilt für die Prüfung die DIN EN 1610.

NRW kippt Vorschriften zur Dichtheitsprüfung

Den Prüftermin 31. Dezember 2015 hatte – soweit ersichtlich – als einziges Bundesland Nordrhein-Westfalen in § 61a Landeswassergesetz festgeschrieben. Das wird gekiptt: Alle im Landtag vertretenen Parteien haben Gesetzentwürfe vorgelegt, die in einem Punkt übereinstimmen: Der feste Termin fällt. Ausnahme: Er gilt nach dem Regierungsentwurf weiter in Wasserschutzgebieten für Abwasserleitungen aus der Zeit vor 1965, für neuere Leitungen ist der 31. Dezember 2020 vorgesehen.

Auch in Schleswig Holstein gilt in Wasserschutzgebieten eine Prüfpflicht bis Ende 2015. Ansonsten muss dort bis Ende 2025 geprüft werden, falls der öffentliche Abwasserkanal, in die die private Leitung mündet, bis spätestens Ende 2022 saniert ist, sonst spätestens drei Jahre nach der Sanierung.

In Hessen legt die Abwassereigenkontrollverordnung (EKVO) Prüffristen fest, diese hat die Umweltministerin aber im März 2012 ausgesetzt. Die Regelung soll überprüft werden. Sie sieht die Erstprüfung bis Ende 2024 und Wiederholungen alle 30 Jahre vor, in Wasserschutzgebieten alle 15 Jahre. Ab 1996 gebaute oder sanierte Leitungen müssen erst Ende 2039 geprüft sein. Aber wie gesagt: Das Schicksal dieser Regelungen ist ungewiss, derzeit gelten keine Fristen.

In Hamburg gilt derzeit nach dem Abwassergesetz DIN 1986 Teil 30, es gibt also keine Fristen. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt plant aber eine Regelung mit Fristen für die Dichtheitsprüfungen.
Die anderen Länder haben keine festen Prüftermine bestimmt, nur für Wasserschutzgebiete gelten teilweise Sonderregeln.

Dichtheitsprüfung per Gemeindesatzung

Viele Kommunen haben – anders als Bund und Länder – durch Gemeindesatzung Regeln über die Dichtheitsprüfung aufgestellt, einschließlich fester Prüftermine und Meldepflichten. Auf Verstöße steht oft Bußgeld. Allerdings unterscheiden sich die Bestimmungen der Kommunen sehr stark. So verlangt Augsburg für private Abwässer die erste Dichtheitsprüfung und Vorlage des Nachweises bis 31. Dezember 2019, dann alle 25 Jahre, bei Verstoß droht Bußgeld. München schreibt die Erstprüfung für Wasserschutzgebiete bis Ende 2015 vor, sonst etwa bei Änderungen der Anlage. Dresden verlangt eine Inspektion alle zehn Jahre. Bonn macht keine Terminvorgaben.

Frankfurt am Main geht einen ganz anderen Weg: Dort prüft die Kommune selbst die Dichtheit, die Kosten werden auf die allgemeinen Abwassergebühren umgelegt. Ob diese Möglichkeit für die Gemeinden besteht, hängt auch von landesrechtlichen Vorgaben ab.In Hannover sind die Eigentümer selbst für die Kontrolle ihrer Anlage zuständig, dabei müssen sie die DIN 1986 Teil 30 beachten. Ähnliche Verweise sind verbreitet. Das könnte zu Missverständnissen führen, ob der DIN-Prüftermin, der zur Zeit des Satzungserlasses noch galt, verbindlich ist. Im Zweifel bei der Stadt nachfragen und Rechtsrat einholen.

Wie wird Dichtheitsprüfung durchgeführt?

Überall gilt: Wer wissen will, ob, wann und wie er zu prüfen hat, muss seine Gemeindeverwaltung fragen. Sandra Weeger-Elsner, Rechtsberaterin bei wohnen im eigentum, rät: „Die Gemeinde ist zur Auskunft verpflichtet. Bestehen Sie auf einer schriftlichen Anwort, dann können Sie die Auskunft im Streitfall beweisen, denn die Gemeinde haftet für ihre Richtigkeit.“

Die Grundstückeigentümer sind für die Dichtheit ihrer Abwasserleitungen auch ohne Termin verantwortlich. Praktisch heißt das: Wenn es konkrete Anhaltspunkte für Undichtheiten gibt, müssen sie dem nachgehen und die Leitungen prüfen, gegebenenfalls auch sanieren lassen. Rechtsanwältin Weeger-Elsner: „Wer Signale für Undichtheit ignoriert, kann sich sogar wegen Grundwasserverunreinigung strafbar machen. Bei der erforderlichen Sorgfalt ist nichts zu befürchten.“ Die beschriebenen Regeln gelten für Privat-Abwasser, für Gewerbebetriebe gibt es andere und meist strengere Bestimmungen. Deshalb muss bei Häusern mit gewerblich oder freiberuflich genutzten Einheiten geklärt werden, worauf zu achten ist. Auch hier ist die Gemeinde erste Anlaufstelle.

Mit der Prüfung muss ein anerkannter Fachbetrieb beauftragt werden. Es gibt zwei Arten der Prüfung. Die optische Prüfung wird mit einer Kanal-TV-Kamera durchgeführt. Davor ist der Kanal in der Regel zu reinigen. Lässt sich der gesamte Kanal mit der Kamera erreichen und zeigen sich keine Schäden, gilt der Kanal als dicht. Allerdings kann die Gemeindesatzung stattdessen eine Druckprüfung vorschreiben. Bei der Druckprüfung wird der Kanal mit Wasser oder Luft gefüllt und der Wasserverlust beziehungsweise Druckabfall gemessen. Die Ergebnisse der Untersuchung sind zu dokumentieren.

Die Kosten der Dichtheitsprüfung

Darüber lassen sich keine allgemeinen Angaben machen, die Kosten hängen stark von den Gegebenheiten vor Ort ab, also etwa davon, wie zugänglich die Leitungen sind, wie lang und wie verzweigt. Die Schätzungen für ein Einfamilienhaus gehen von 300 bis 600 Euro, für größere Häuser mit vielen abzweigenden Leitungen werden auch Beträge bis 1800 Euro genannt, ohne Reinigung und andere Nebenkosten. Wegen dieser Unsicherheiten immer vor dem Prüfauftrag ein Kostenangebot einholen, das alle Leistungen enthält, also auch Reinigung und Dokumentation. Um ein zuverlässiges Angebot zu ermöglichen, vorher alle Unterlagen und Informationen zum Leitungssystem zusammenstellen. Sparen können Nachbarn, indem sie sich zusammentun und günstigere Angebote aushandeln.

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10 Gedanken zu „Dichtheitsprüfung: Der aktuelle Stand in NRW und anderswo

  1. Nina Hayder Antworten

    Wir müssen auch eine Dichtheitsprüfung durchführen lassen. Gut zu erfahren, dass hierzu ein anerkannter Fachbetrieb beauftragt werden muss. Daher werden wir einen in unserem Umkreis suchen.

  2. Amalia Antworten

    Vielen Dank für diese Informationen zur Dichtheitsprüfung. Besonders die Details zur Durchführung waren hilfreich. Ich werde mich demnächst noch hier beraten lassen :http://www.ihlau- rohrreinigungsdienst- ronnenberg.de/ dichtheitspr%C3%BCfung/

  3. ingo Antworten

    moin,
    wie herr seehofer schon sagte, die nicht gewählten haben das sagen, die gewählten haben nichts zu sagen!
    das ist doch alles nur abzieherei, wie mit der heizung, der wärmedämmung den glühbirnen, der privaten vorsorge bei den renten. bald wird uns noch vorgeschrieben wann wir auf klo gehen solle… was ist nur aus unserem land geworden???
    die agenda 2010 hat schon durch das überflüssig machen von tarifverträgen für sehr große einschnitte der finanziellen lage der kleinen leute bemerkbar gemacht. nun muß man auch noch privat für das alter vorsorgen – wovon sollen wir kleinen leute das alles bezahlen????
    die lobbyisten gehören verboten, jede art der einflußnahme von verbänden zwecks gewinnoptimierung hat unter strafe zu stehen, für beide seiten!!!!!
    wohin die duldung dieser machenschaften führt sieht man sehr deutlich!!!
    gigt es keine ehrlichen politiker mehr die für die masse des volkes politik machen und nicht nur ihre geldgeber hofieren???

  4. Jeneu Antworten

    Dichtheitsprüfung oder Kanal-TÜV muss jetzt nur noch in Wasserschutzgebieten durchgeführt werden (?) Dann wurde das zurückgenommen (?) Die Informationen dazu im Netz sind unterschiedlich.

  5. Detlef Antworten

    Wieso bei neu Anlagen eine Dichtigkeitsprüfung verlangt wird ist mir ein Rätsel. Es dürfen doch nur von den Kommunen und Städte zertifizierte Unternehmen die Kanalanschlüsse durchführen.
    Nun trauen die den von ihnen geprüften Unternehmen nicht und lassen den Privatman die Zeche zahlen. oder ist die 100 % durchgeführte Arbeit nicht in einer Gewährleistung abgesichert ?
    Darüber schweigt sich jeder aus.
    Ist es nicht üblich das bei einer Neuanlage die Dichtigkeit zwingend erforderlich sein sollte?
    Warum soll dann der Auftraggeber der Neuanlage die Überprüfung der Neuanlage extra bezahlen?
    Muss nicht der Ersteller dafür Sorge tragen das seine Arbeit 100% OK ist also "Dicht"
    Für mich ist das nur abzocke am kleinen Mann die grossen bekommen wieder Sonderregelungen oder dürfen alles beim Mieterabladladen ( Steurevergünstigt natürlich) der meist überschuldete Hausbesitzer kann ja gemolken werden der ist ja auch in einer Epressbaren situation. immer oder wer gibt schon sein Zuhause auf wegen 500,- Euro

  6. F. J. Heinrichs Antworten

    500 Millionen Tonnen Gülle mit multiresistenten Keimen in die Landschaft gekippt – Kein Problem !
    Ca. 80 000 Altlastenverdächtige Flächen in NRW. – Kein Problem!
    Wirtschaftsförderung Dichtheitsprüfung für die SPD/Grüne Landesregierung – ein Problem !!!
    Ist es doch einfach Hausbesitzern und indirekt den Mietern in die Tasche zu greifen.
    Prof. Max Dohmann bemängelt Rückschritte bei Dichtheitsprüfung !
    Die Umsetzungsverordnung zum novellierten LGW wird laut Dohmann bis zum Sommer erwartet.
    Quelle: RWTH Aachen.
    Jeder politisch denkende Mensch weiß, dass die Rot/Grüne Landesregierung hin und her gerissen ist zwischen Umsatzversprechen, die auch Steuereinnahmen bedeuten und der anstehenden politischen Wahlen.
    Eine Umsetzungsverordnung kann dazu führen, dass die Städte gar keine Wahl haben , die Dichtheitsprüfung -Termine in allen Gebieten vorzuschreiben.
    Und warum die Dichtigkeitsprüfung in Trinkwasserschutzgebieten notwendig sein soll, ist bis heute ein Rätsel.

    Franz-Josef Heinrichs (Gladbeck)

  7. Heinz Klinkertz Antworten

    Die Dichtheitsprüfung oder auch Kanal-TÜV genannt hat sich in Nordrhein-Westfalen als Arbeitsbeschaffungsmasnahme für die Lobby und als Blödsinn erwiesen. Es gibt keinen Beweis für eine Grundwassergefährdung durch private undichte Abwasserrohre. Eine Erfindung der Kanallobby, die dem Bürger nur teuer zu stehen kommt.
    Unterstützen Sie uns bei unserer Online-Unterschriftenaktion im Internet: http://protest.alles-dicht-in.de/

  8. Uwe Antworten

    Die Kosten können als Handwerkerleistungen von der Steuer abgesetzt werden.

    Das gilt nicht für die normale Untersuchung/Dichthitsprüfung.

    Das gilt nur für vermietete Häuser. Der private 1-2 Fam.-haus – Besitzer kann es nicht steuerlich geltend machen.

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