Paket vom Nachbarn angenommen: So ist die Rechtslage

In den Wochen vor Weihnachten werden Millionen von Pakete via DHL oder Hermes verschickt – und viele davon vom Nachbarn angenommen. Wie ist eigentlich die Rechtslage, wenn das Paket verschwunden ist, wenn der Nachbar nie da ist oder einfach nicht aufmacht? Andererseits kann es auch passieren, dass man ein Paket für den Nachbarn annimmt und der es gar nicht abholt. Wie dann Rechtslage ist – hier mein Ratgeber.

Darf ein Zusteller das Paket einfach beim Nachbarn abgeben?

Das ist nur dann zulässig, wenn sich der Transportdienst das Recht dazu in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einräumt – und das tut praktischer fast jeder Transportdienst. Allerdings haben Gerichte gefordert, dass der Empfänger genau darüber informiert werden muss, wo er seine Lieferung abholen kann (unter anderem Oberlandesgericht Köln, Az 6 U 165/10). Dabei wurde u.a. auch die Bezeichnung „Nachbar“ als zu unbestimmt moniert, da diese im deutschen Sprachgebrauch sehr weit gefasst ist. Der Versender hat außerdem das Recht, der Zustellung an einen “Ersatzempfänger” ausdrücklich zu widersprechen.

Mein Finanztipp: Wenn Sie nicht möchten, dass der Nachbar die Sendung empfangen darf, so bitten Sie den Absender, dies darauf zu vermerken oder lassen Sie sie an eine Packstation senden, wo Sie sie abholen können. Einige Zusteller bieten auch die Möglichkeit, vorab für zukünftige Zustellungen einen empfangsberechtigten Nachbarn zu benennen. Bestellungen im Internet kann man meist schon im Online-Shop, z.B. im Kommentarfeld auf der Bestellseite gegen die Abgabe beim Nachbarn schützen.

Muss ein Nachbar ein Paket annehmen?

Nein, das ist seine freie Entscheidung. “Tut er es, geht er Pflichten gegenüber dem Empfänger ein”, erläutert die Düsseldorfer Rechtsanwältin Katia Genkin: Er muss z.B. von sich aus mitteilen, dass das Paket bei ihm ist (Paragraf 681 BGB) und muss schnellstens das Paket übergeben (Paragrafen 681, 667 BGB). Für diese “Geschäftsführung ohne Auftrag”, so nennen es die Juristen, könnte er im Gegenzug verlangen, dass seine Aufwendungen ersetzt werden. Wird das Paket einfach nicht abgeholt, darf es keinesfalls einfach “entsorgt”. Der Nachbar hat eine Aufbewahrungspflicht und kann, wie gesagt, gegebenenfalls sogar Geld dafür verlangen.

Haftet der annehmende Nachbar für Schäden?

Ja, unter Umständen, wenn er Schuld an einer Beschädigung oder am Verlust der Sendung trägt. Das wäre zum Beispiel, wenn er das Paket einfach vor der Haustür des Empfängers ablegt und das Paket gestohlen wird. “Das wäre grob fahrlässig und führt zu einer Haftung”, sagt Rechtsanwältin Genkin. Ebenso kann der Ersatzempfänger verantwortlich gemacht werden, wenn das Paket z.B. versehentlich von Kindern beschädigt werden. Wird das Paket indes durch Feuer beschädigt oder bei einem Einbruch gestohlen, so ist das ein Fall für die Hausratversicherung. Gegenüber dem Transportunternehmen haftet der Nachbar nicht, auch wenn er dem Zusteller die Annahme per Unterschrift bestätigt.

Muss man für ein verschwundenes Paket bezahlen?

Das gibt nicht nur nette Nachbarn, sondern mitunter auch schlicht kriminelle. Etwa jene, die mit einem Fantasienamen unterschreiben und dann das Paket behalten. In so einem Fall wird der Empfänger das Paket nie zu Gesicht bekommen. Das ist dann aber in der Regel das Problem des Versenders, sofern es sich um einen gewerblichen Verkäufer handelt. Er muss dem Käufer zwar keinen weiteren Artikel liefern, verliert aber seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung. Wurde der Kaufpreis per Vorkasse geleistet, ist er einem Käufer, also dem Empfänger ohne Empfang, zu erstatten. Das ist das so genannte “Preisrisiko” des Verkäufers, der dann versuchen wird, Schadenersatz vom Transportunternehmen zu erhalten (siehe auch Stichwort Gefahrübergang).

Bei wem muss ein Empfänger reklamieren?

In erster Linie beim Versender, also meist dem Online-Verkäufer. Er muss beweisen, dass das Paket zugestellt wurde. Wurde es nachweislich von einem Nachbarn angenommen, dem Ersatzempfänger, ist dieser die richtige Adresse für Reklamationen.

Darf ein Paket in der Garage oder vor der Haustür abgelegt werden?

Es gibt so genannte Garagenverträge. Bei diesen vereinbart der Zusteller mit dem Empfänger einen Ort, an dem er das Paket ausdrücklich ablegen darf – etwa eine Garage. Eine Erlaubnis, die Sendung einfach vor der Tür abzulegen, findet sich nicht in den AGB der Zusteller und ist somit nicht erlaubt. Macht es sich der Paketbote trotzdem so bequem, und verschwindet eine Bestellung, ist der Händler der Ansprechpartner. Der Händler muss dann den Kaufpreis erstatten, auch wenn eine dritte Person das Paket entwendet hat, das der Zusteller einfach vor der Tür abgelegt hat.

Stichwort “Gefahrübergang”

Versenden Privatleute Paketsendungen, so geht die Gefahr, dass die Ware beschädigt oder verloren geht, zum Zeitpunkt der Übergabe an den Paketzusteller über. Wird das Paket von einem Unternehmer im Rahmen der Erfüllung eines Kaufvertrages mit einem Verbraucher versendet, geht die Gefahr erst dann über, wenn der Privatkäufer die Ware erhalten hat. Geht das Paket beim Nachbarn verloren oder wird es beschädigt, so ist der Kaufvertrag nicht erfüllt und der Unternehmer hat Haftungsansprüche gegen den Paketzustelldienst. Der Käufer kann vom Unternehmer den Kaufpreis erstattet verlangen. Sollte es sich um eine besonders wertvolle Sendung handeln, sollten Sie einen „versicherten Versand“ in Auftrag geben. Hierbei haftet der Paketzusteller bis zu einem bestimmten Betrag (meist bis 500 Euro).

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3 Gedanken zu „Paket vom Nachbarn angenommen: So ist die Rechtslage

  1. Stefan Antworten

    Interessanter Artikel. Einiges war mir schon klar, aber ich wusste zum Beispiel nicht, dass der Händler den Kaufpreis erstatten muss, wenn der Paketbote das Paket ohne Genehmigung ablegt. Ich hätte gedacht, dass da das Transportunternehmen haften muss.

  2. Peter Antworten

    Meine Frage bezieht sich darauf, dass ein “Nachbar” eine Aufwandsentschädigung verlangen darf.
    Das heisst für mich im Klartext, er darf für die Entgegennahme einer Postsendung “Geld” verlangen, ohne dass er von mir dafür einen Auftrag erhalten hat und dies nur tut, weil er von einem Zusteller gefragt wird, ob er diese Sendung annehmen möchte, er tut dies somit freiwillig.

    Wenn nun ein “Nachbar” auf eine Entschädigung besteht, und ich diese ablehne, darf der Nachbar solange die Sendung zurückhalten, bis ich ihm dies bezahle?
    Was ist wenn ich die Annahme “verweigere”, darf der Nachbar trotzdem auf eine Zahlung bestehen?
    Es kann ja durchaus sein, dass man diese Sendung nicht haben wollte o.ä…

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