BGH-Urteil: Müssen Millionen Privatrenten neu berechnet werden?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein Urteil gesprochen, das bei Lebensversicherern einige Unruhe auslösen dürfte. Denn der BGH hat die Möglichkeiten beschnitten, Privatrenten zu kürzen, weil die Lebenserwartung gestiegen ist (Az: IV ZR 102/06, Volltext). Das könnte zur Folge haben, dass Millionen bestehende Privatrenten-Verträge neu berechnet werden müssen – und eventuell mehr ausgezahlt werden muss.

Eine Privatrente besteht generell aus einer Garantie-Rente und einer Überschuss-Rente. Die Lebensversicherer behalten sich vor, den aus Überschüssen resultierenden Rentenanteil bis auf Null zu kürzen. Davon haben sie in der Vergangenheit wegen gestiegener Lebenserwartung und schlechter Kapitalmarktlage auch Gebrauch gemacht: Zahlreichen Privatrenten-Beziehern wurden die Überweisungen zusammengestrichen, nur die Garantierente blieb ihnen sicher.

Überschüsse dürfen nicht wegen Garantien sinken

Der Bundesgerichtshof nimmt die Lebensversicherer nun für ihr Garantieversprechen mehr in die Pflicht. Überschuss-Renten können zwar sinken – aber nicht, um damit die Garantierente nachträglich zu finanzieren. Für Fehlkalkulationen bei der Garantierente möge bitteschön der Lebensversicherer selber gerade stehen. Es komme unter anderem in Betracht, hierfür Aktionärsmittel heranzuziehen.

Anderenfalls wäre das Versprechen, die Überschussanteile zur Steigerung der Altersrente zu verwenden, stark entwertet.

Denn:

Das Garantieversprechen ist ohne Rücksicht auf ein positives oder negativesGeschäftsergebnis der Beklagten vorbehaltlos abgegeben.

In dem entschiedenen Fall ging es um einen Kunden, der 1995 eine “aufgeschobene” Privatrente gegen Einmalzahlung abgeschlossen hatte, die 2003 mit Renten-Zahlungen begann – aber deutlich weniger als in Aussicht gestellt. Zwischenzeitlich war die Sterbetafel (Kalkulation der Lebenserwartung) geändert worden.

Zu den Rentenkürzungen wegen ausgetauschter Sterbetafel gab es bereits einige Urteile zu Gunsten von Kunden, allerdings kein höchstrichterliches. Der BGH hat den Fall an die Vorinstanz zurückverwiesen, damit dort festgestellt wird, wie viel Überschüsse für die Garantierente verwendet wurden. Das Geld wird dann nach meiner Interpretation als zusätzliche Überschuss-Rente auszuzahlen sein.

Spannend dürfte werden, wie das Oberlandesgericht Köln als Vorinstanz diese Berechnung macht. Sobald das klar ist, könnten nach meiner Einschätzung andere Privatrenten-Kunden mit gestutzten Überschüssen auf dieser Basis ebenfalls eine Neuberechnung der Privatrente fordern.

 

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